An den Hängen des Gebirges wächst der Nebelwald, eine riesige grüne Oase voller Leben und Geräusche. Es knistert geschäftig im Unterholz wo Mäuse auf eigenen Trampelpfaden laufen und Marder nach Nahrung suchen. Hoch oben in den Wolken kreist ein Adler und schraubt sich beständig weiter nach oben, so weit bis er fast die Gipfel der Berge erreicht. Der Nebelwald ist Teil eines komplexen Systems aus vielen verschiedenen Vegetationen und einer atemberaubenden Schönheit. Dieses Land ist wild und unberechenbar, doch die Tiere die hier leben haben sich an die Launen der Natur, die hier herrschen, angepasst. Kaum ein anderer Ort dieser Erde bietet so viel Abwechslung wie Siebenland und nirgends teilen sich so viele verschiedene Raubtiere ein Gebiet wie hier. Siebenland hat Alles zu bieten. Urzeitliche Wälder, undendlich weite Grasebenen und hohe Gebirge sind nur ein Teil dessen was es hier zu entdecken gibt.
Doch das Land birgt Gefahren. Siebenland ist vulkanischen Aktivitäten ausgesetzt. Der letzte Vulkan ist vor fünfzehn Jahren ausgebrochen. Erdbeben erschüttern häufig das Gebiet rund um das Gebirge und bringen in den Tälern Steinschlag und Lawinen. Erst letzte Nacht gab es ein leichtes Erdbeben, welches aber nicht stark genug war großen Schaden anzurichten, doch jede weitere Erschütterung könnte eine Gerölllawine hervorbringen. Der Nebelwald wurde schon oft beschädigt, was man an den vielen jungen Bäumen und umgeknickten Baumriesen erkennen kann.
Der elegante Wildhundrüde Rashid stand unterhalb des Waldes und warf prüfend einen Blick auf die mächtigen Gipfel. Nach jedem Erdbeben schien er beunruhigt und verbrachte die Stunden damit auf mögliche Gefahren zu achten. Er hatte schon ein Mal eine Lawine miterlebt und wurde fast von ihr fortgerissen. Seine Aufmerksamkeit kam also nicht von irgendwo her. Seine runden Ohren zuckten leicht als er die verschiedenen Geräusche aus seiner Umgebung filterte und einordnete. Noch war er allein, doch bald würde er beschließen die Rudelmitglieder zusammenzurufen. Sie waren nicht viele, doch es reichte um als Rudel bezeichnet zu werden und ehrlich gesagt, hatte Rashid nichts dagegen die Gruppe übersichtlich zu halten. Er war kein wirklicher Anführer, so etwas gab es in dem kleinen Rudel nicht und er vermisste diese strickte Rangordnung auch nicht wirklich. Bei den Canids wurden die Entscheidungen gemeinsam getroffen. Es gab Jagdführer und Fährtensucher, es gab Kämpfer und Bewahrer des Friedens und wer auch immer gerade die meiste Erfahrung in einer bestimmten Situation hatte, führte die Gruppe an. Rashid war der schnellste Jäger und schmiedete die Jagdpläne aber ein echter Anführer war er damit tatsächlich nicht.
Er wendete sich von den Bergen ab und lief eine kleine Anhöhe hinauf. Hier floss ein schmaler Fluss, eher einem Bach gleich, von den Bergen herunter und brachte kaltes Wasser in das Tal. An manchen Stellen schoss er über Abhänge als Wasserfall herunter. Der größte Wasserfall liegt an der Grenze zur Grasebene wo der Fluss in eine Schlucht stürzt und dort durch einen Canyon bis ins Meer führt. In den engen Schluchten wird der Fluss ein reissendes Wildwasser.
Rashid beugte seinen kantigen Kopf zum sanft schäumenden Wasser und trank ein paar Schlücke ehe er sich wieder in Bewegung setzte und auf den Wald zusteuerte. Hier war der Anstieg noch kaum zu spüren, in den oberen Gefilden jedoch wo der Wald in den Bergen liegt, müssten die Hunde steile Hänge bewältigen. Im Winter war dies ein gefährlicher Ort. Heute, bei klarem Wetter hing kein Nebel in den Wipfeln der Bäume fest. Im Herbst und Winter war dies jedoch ein häufiges Phänomen der dem Wald seinen Namen verliehen hat.
Rashid machte sich auf den Weg die Anderen zu suchen. Wenn er Glück hatte fand er sie im Wald. Nicht immer war das Rudel nah beinander. Es herrschte Bewegungsfreiheit und nur bei Gefahr und Bedrohung spürte man den enormen Zusammenhalt im Rudel.
[alleine/ unterhalb des Waldes, auf dem Wege dahin]